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- Sa., 25.03. , 14:00 bis 14:45 Uhr
Das Gehirn im Spannungsfeld von Recht und Neurotechnologien: dargestellt am Beispiel subliminaler KI-Systeme.
- Vortrag
Rostam J. Neuwirth
Rapide Fortschritte auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz (KI) und damit im Zusammenhang stehender Technologien, wie Neurotechnologien, funktionelle Magnetresonanztomographie, big data, oder Algorithmen und „Deep Learning“ etc., drohen der menschlichen Freiheit der Gedanken, des Willens und der Entscheidungsfindung ein Ende zu bereiten. Diese Gefahr geht insbesondere von subliminalen KI-Systemen aus, die Techniken der unterschwelligen Beeinflussung außerhalb des Bewusstseins einer Person einsetzen. Schon heute ist es möglich Gehirnspionage (brain spyware) in Form von Software einzusetzen, die unbemerkt Zugang zu sensiblen persönlichen Daten (z.B. Passwörter oder Geburtsdaten) ermöglicht. Zudem eröffnen solche subliminalen Techniken weitergehende Möglichkeiten der Manipulation von Gedanken und des menschlichen Verhaltens vom Konsumverhalten bis hin zur Beeinflussung nationaler Wahlen oder der öffentlichen Meinung. Daher sollen laut einem im April 2021 von der Europäischen Kommission präsentierten Vorschlag für ein EU Gesetz über Künstliche Intelligenz solche subliminalen KI-Systeme verboten werden. Das geplante Verbot birgt jedoch nicht nur rechtliche Probleme. Es fordert auch die vorausschauende Berücksichtigung interdisziplinärer Fragen, wie etwa jene nach der Schwelle zwischen sub- und supraliminaler Wahrnehmung oder der Rolle der Sinnesorgane. In der nahen Zukunft zu erwartende weitere Manipulationsmöglichkeiten durch KI-Systeme bedürfen daher einer grundlegenden globalen Debatte, will man individuelle Gedankenfreiheit bewahren und auch die zentralen globalen Herausforderungen bewältigen, wie sie beispielsweise in den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) dargelegt sind.Rostam J. Neuwirth (https://fll.um.edu.mo/rostam-j-neuwirth/) ist Professor für Recht und Vorstand der Abteilung für Global Legal Studies an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität von Macao, in Macao (China). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz und der Université d’Auvergne (Frankreich) und dem Studium des vergleichenden Rechts an der McGill Law School in Montreal (Kanada) absolvierte er einen Ph.D. am Europäischen Hochschulinstitut (EHI) in Florenz (Italien). Danach war er in der Abteilung für Europarecht im Völkerrechtsbüro des österreichischen Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten tätig und lehrte an der Hidayatullah National Law University (HNLU) in Raipur sowie der West Bengal University of Juridical Sciences (NUJS) in Kolkata (Indien). Er ist Autor mehrerer Bücher („The EU Artificial Intelligence Act: Regulating Subliminal AI Systems“ und „Law in the Time of Oxymora: A Synaesthetic of Language, Logic and Law“) sowie zahlreicher Artikel, die sich auf globale Rechtsprobleme konzentrieren und sich den komplexen Verbindungen zwischen dem Recht, der Sprache, der Wahrnehmung und der Technologie widmen.
Quellen:
- Rostam Josef Neuwirth, The EU Artificial Intelligence Act: Regulating Subliminal AI Systems (Routledge 2023) https://www.routledge.com/The-EU-Artificial-Intelligence-Act-Regulating-Subliminal-AI-Systems/Neuwirth/p/book/9781032333755
- Rostam Josef Neuwirth, ‘Future Law, the Power of Prediction, and the Disappearance of Time’ (2022) Law, Technology and Humans; https://doi.org/10.5204/lthj.2376
- Rostam Josef Neuwirth, ‘Die Gefahren subliminaler KI-Manipulation‘, Orf.Science.at (8 Oktober 2022); https://science.orf.at/stories/3215123
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