- 08.03.2020 in Rückblick
Symposion Dürnstein 2020 - Nachbericht
Das Stift Dürnstein in Niederösterreich war von 5.-7. März 2020 wieder Schauplatz des Symposion Dürnstein, das alljährlich im März nationale und internationale Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Religion und Philosophie in die Wachau führt. Dieses Jahr stand das umfassende Thema "Menschheitserbe" im Mittelpunkt. Der Prälatensaal im Stift Dürnstein bot wieder den stimmungsvollen Rahmen für das 3tägige Diskursformat für aktuelle gesellschaftspolitische Themen, das sich als wichtiger Fixpunkt der niederösterreichischen Kulturlandschaft etabliert hat. Veranstalter ist die Niederösterreichische Forschungs- und Bildungsges.m.b.H (NFB), kuratiert wird das Symposion alljährlich von Ursula Baatz.
Den inhaltlichen Ansatzpunkt für das diesjährige Thema „Erbschaften: Kultur Natur Identität“ bildete für Kuratorin Ursula Baatz der Veranstaltungsort des Symposions, die Kulturerberegion Wachau, die heuer 20jähriges Bestehen als Weltkulturerbe feiert. Für Baatz ist der Gedanke wichtig, dass "Erben verpflichtet". Denn "nur aus dem Wissen um die Vergangene kann das Zukünftige gedacht werden.“ Aber wer entscheidet, was vergessen und was bewahrt werden soll? Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Disziplinen beleuchteten an 3 Tagen das Thema ‚Erbschaften‘. „Es gibt keine einfachen Antworten auf diese Fragen“, so Baatz, aber es gilt, „jetzt wach Verantwortung zu leben.“
Auch Landesrat Martin Eichtinger wies in der Eröffnungsrede auf die Wichtigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs und einer reflektierten Weitergabe des kulturellen und politischen Erbes hin – gerade auch im Zusammenhang einer gemeinsamen europäischen Identität.
Am Eröffnungsabend diskutierten im Rahmen eines DreiGenerationenGesprächs der
ehemalige Vizekanzler Erhard Busek, Forum Alpbach Geschäftsführer Philippe Narval und die junge Vertreterin der Fridays for Future Bewegung Franziska Marhold über die zentrale Frage:
Wie wollen und müssen wir in Zukunft unser Leben gestalten, damit unser Lebensraum nachhaltig erhalten werden kann? Franziska Marhold forderte von der Politik rasches Handeln und das Gehörtwerden der jungen Generationen ein. „Es bleibt uns nur ein Jahrzehnt für klimagerechtes Handeln, dann ist es zu spät.“ Erhard Busek sieht ein schwieriges Erbe auf die nächsten Generationen zukommen und verwies auf ein neues Zeitalter der ressourcensparenden Selbstbeschränkung. Philippe Narval betonte, dass es Zeit sei, alte Muster aufzubrechen, sowohl in der Ausrichtung der Bildungspolitik als auch konkret in den Abläufen der repräsentativen Demokratie. Einig waren sich alle drei Generationen darüber: „Wir brauchen den Mut, Dinge groß zu denken.“
An den beiden Folgetagen wurde intensiv rund um die Themenkreise "Kunst und Erbe", "Religion und Erbe" sowie "Gestaltung des Erbes" diskutiert. Wie jedes Jahr international besetzt, ermöglichte und eröffnete das Symposion Dürnstein auch heuer spannende, diverse Zugänge zum Thema.
So inspirierte der britische Wirtschaftspsychologe Michael Muthukrishna das Auditorium mit seinem Vortrag über die verschiedenen evolutionären Kooperationsformen und Muster der Spezies Mensch.
Matthias Naske, Intendant des Wiener Konzerthauses, und Kurt Farasin, künstlerischer Leiter der Schallaburg, berichteten praxisnah aus der Sicht künstlerischer Programmgestaltung über ihre Zugänge zu kulturellem Erbe. Einig waren sich beide darin, „dass Kulturorte Begegnungsräume sein müssen und der generationenübergreifende Dialog mit dem Publikum im Vordergrund stehen muss.“
Shahidha Bari, Professorin für Modegeschichte an der University of Arts London, hinterfragte in ihrem Vortrag die Sammlungspolitik nicht nur britischer Nationalmuseen im Hinblick auf die Repräsentanz der ausgestellten und gesammelten Objekte. Einer der Kernpunkte in diesem Zusammenhang ist der Aufruf einiger Aktivisten in England ‚Decolonize the museums!“ Auch Nadja Haumberger, Kuratorin im Weltmuseum Wien, forderte eine Neudefinition der Museen im Hinblick auf die Geschichte der Objekte.
Religiöse Aspekte unseres Kulturerbes analysierten hochspannend der Theologe und Kunsthistoriker Johannes Rauchenberger, sowie Stefan Weidner, Islamwissenschafter und Frederic Lion, Leiter des Theater Nestroyhof Wien Hamakom. Während Weidner anhand des Islam unterschiedliche Blicke auf die Welt erläuterte, thematisierte Frederic Lion die "Jüdische Kultur als Projektionsfläche." Über die Relikte christlicher Bildtraditionen in der Gegenwartskunst berichtete Rauchenberger.
Maria Auböck, Landschaftsarchitektin, brachte den Aspekt der sensiblen Gestaltung und des bewussten Vererbens von Natur – und Kulturlandschaften ein, Renate Breuss gab einen eindrucksvollen Einblick in den Zusammenschluss von Handwerksbetrieben im Werkraum Bregenzerwald, der es sich auch zu Aufgabe macht, das Wissen an nachfolgende Generationen weiterzugeben, das Bewährte zu behalten und mit notwendigem Neuen zu ergänzen. Dies zeigte auch die Bedeutung immateriellen Kulturerbes.
Den Abschluss des Symposions bildete eine hochkarätige Vortragsrunde: Der deutsche Soziologe Michael Hartmann machte sehr deutlich, dass Armut und Reichtum vererbt werden, d.h. diese Verhältnisse in einem hohen Ausmaß determiniert sind und nicht individuell verantwortet. Florian Werner, bekannter deutscher Schriftsteller, erzählte sehr persönlich über seine Befürchtungen der Auswirkungen des Klimawandels für die nächsten Generationen und plädierte dafür, mehr den Jungen zuzuhören und ihre Wut und unmittelbaren Anliegen mitzuvertreten. Barbara van Melle, bekannte Autorin und slow food Aktivistin, schloss den Kreis mit ihrem Plädoyer für gesunde Ernährung: Ernährung und Klima hängen unmittelbar zusammen. Es ist hoch an der Zeit, das Erbe einer gesunden und ressourcenschonenden Esskultur wieder zu erkennen und an die nächsten Generationen weiterzugeben!
„Auch beim diesjährigen Thema "Erbschaften haben wir versucht, einen möglichst breiten Diskurs an den Schnittstellen Politik/Religion/Philosophie zu ermöglichen und verschiedene Zugänge aufzuzeigen. Das Symposion Dürnstein soll im besten Fall Impulse auslösen, Themen anders zu denken und ich wünsche mir, dass die Leute den Ort mit vielen Fragen im Kopf verlassen. Das ist sicher auch heuer gelungen. Erbschaften anzutreten, ist eine Herausforderung für jeden Einzelnen. Es geht immer darum, gemeinsam kreative Lösungen zu finden,“ so Kuratorin Ursula Baatz.
Auch Barbara Schwarz, Geschäftsführerin der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) zieht ein sehr positives Resumee: „Wir freuen uns, dass das Symposion Dürnstein von vielen Stammgästen besucht wird und auch über die Grenzen Niederösterreichs hinaus bekannt ist. Das Thema ‚Erbschaften‘ hat viele interessante Leute und Blickwinkel im Stift Dürnstein zusammengebracht und ist seinem Ruf wieder gerecht geworden: Als Biotop für offene und kontroversielle Diskussionen!“
Themensetzung 2021
Im kommenden März wird sich das Symposion Dürnstein mit dem hochaktuellen Thema „Bildung“ auseinandersetzenVeranstalter / Pressekontakt
Veranstalter: NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB)
Aufgabe der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) ist die Förderung und Weiterentwicklung der Forschungslandschaft und des tertiären Bildungswesens in Niederösterreich. Diese Aufgabe erfüllt sie u.a. durch die Abwicklung der Förderung der Fachhochschulen des Landes, die Organisation des Symposion Dürnstein, die jährlichen Ausschreibungen des Life Science Calls und des Science Calls sowie die Durchführung von diversen Projekten. Die NFB ist eine 100%ige Tochter des Landes Niederösterreich und verfolgt ausschließlich gemeinnützige Ziele. Weitere Informationen: www.nfb.atPressekontakt:
Susanne Haider, Eva Trötzmüller
art:phalanx Kultur und Urbanität Neubaugasse 25/1/11, A-1070 Wien
Tel: +43 (0)1 524 98 03-11 email: presse@artphalanx.at
www.artphalanx.atWeitere Informationen:
NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB)
Mag. Bettina Pilsel
Neue Herrengasse 10, 3100 St. Pölten
Tel: 02742 275 70-0,
email: b.pilsel@nfb.atSymposion Dürnstein online:
www.symposionduernstein.at
facebook.com/noe.forschung.bildungBildmaterial zum Symposion Dürnstein 2020 finden Sie unter: presse.artphalanx.at/symposion-durnstein-2020/